Franziskusweg
Unterwegs mit dem Hl. Franziskus
Diekirch
DAS FRANZISKANERKLOSTER.
a) Gründung.
Das Franziskanerkloster nebst Kirche, Wiese, Gemüse- und Obstgarten lag in
einiger Entfernung von dem Lütticher Tor auf dem Gelände, wo sich jetzt das
Justizgebäude, die Knaben- und Mädchenschulen, das Pfarrhaus, die Kirche und die
umliegenden Plätze befinden, welches Viertel noch heute von den Diekirchern «ob
der Klouster» genannt wird.
20. Katasterplan des Klosters.
Es war der Pfarrer Johannes Redinger, der zuerst öffentlich im Jahre 1654 die
Einführung des Franziskanerordens in der Stadt Diekirch verlangte. Da er schon
bejahrt war, konnte er die mannigfaltigen Seelsorgerarbeiten der grossen Pfarrei, zu
welcher ausser Diekirch noch die Dörfer Erpeldingen, Ingeldorf Gilsdorf, Tandel und
Bastendorf gehörten, nicht mehr bewältigen. Sieben Stunden im Umkreis befanden
sich keine Ordensmänner, die in der Seelsorge hätten Hilfe leisten können, denn die
Trinitarier in Vianden und die Benediktiner in Echternach waren klausierte Mönche.
Die nächsten Klöster, welche in Betracht hätten kommen können, waren die
Franziskaner zu Luxemburg und zu Ulflingen. Diese wären gerne bereit gewesen, in
Diekirch eine Niederlassung zu gründen, denn die Reise von Luxemburg bis nach
Ulflingen war beschwerlich und konnte nicht in einem Tage bewältigt werden. Der
Wunsch lag daher nahe, auf der Hälfte des Weges ein Absteigequartier zu haben.
Das Vorhaben wurde jedoch von den Kapuzinern und Dominikanern in Luxemburg
hintertrieben.
Einige Jahre später griff jedoch Fr. Melchior Blanchart, der Nachfolger des Pastors
Redinger, den Plan wieder auf. Die einflussreichsten Bürger der Stadt, unter andern
Peter Hess, Bürgermeister, Theodor Freylinger, Johann Balthasar, Notar und
geschworener Stadtschreiber, unterstützten ihn kräftig in seinen Bestrebungen und
richteten eine Bittschrift an den König Philipp, um endlich das Ziel ihrer Wünsche zu
erreichen. Die Geistlichkeit der ganzen Umgegend bis nach Neuerburg, Bitburg,
Echternach und Mersch bezeugten die Notwendigkeit der Gründung. Auch die
Adligen wollten nicht zurückstehen und unterstützten einmütig das Gesuch mit
einer Eingabe, welche folgende Unterschriften trug:
W. H. Baron von Metternich zu Bourscheid; G. E. Baron von Horst; A. E. von Halley; J.
K. von Heyden; Gaspar von Heisgen; Karl von Maleis; Johann von Stein; Sigismund
Leopoldt von Braun; Anton Stucker, Compthur.
Zu gleicher Zeit wurde im Jahre 1664 der Pater Marlin Conen von seinem Obern
beauftragt, die Gründung einer Zweigniederlassung in Diekirch energisch zu
betreiben und die entgegenstehenden Hindernisse aus dem Wege zu räumen.
Endlich erlangte man im Jahre 1665 die gewünschte Erlaubnis, und Pater Conen
konnte als erster Vorsteher mit zwei Patres und zwei Laienbrüdern nach Diekirch
übersiedeln. Der hochwürdige Pastor Blanchart schenkte dem Kloster sein an der
Stadtmauer gelegenes Haus und seine kostbare Bibliothek. In dieses Haus zogen
die ersten Patres am 23. November 1665 ein und wohnten dort bis zur
Uebersiedlung in den Neubau im November 1673.
Schon in den ersten Jahren ihres Verweilens in Diekirch bot sich den frommen
Franziskanern die Gelegenheit, Beweise der heldenmütigsten Aufopferung zu geben
und vollends die Liebe und Achtung aller ihrer Mitmenschen zu gewinnen .
Im Jahre 1668 brach eine schreckliche Pest in Vianden aus. Der Stadtpfarrer Michel
Meiß, der wacker und unverdrossen seine Herde pflegte, wurde selbst von der
Seuche angesteckt. Da bittet er inständig seinen alten herzlieben Freund, den Pater
Michael Scharmützel, einen der drei ersten Mönche von Dieklrch, dass er ihm und
seiner verlassenen Pfarrei zu Hülfe kommen möge. Dieser wohl wissend, dass
niemand einen grösseren Beweis von Liebe geben kann, als wenn er sein Leben für
seine Freunde aufopfert, eilt gleich nach erhaltener Erlaubnis von Seiten seines
Vorstehers auf den Flügeln christlicher Liebe nach Vianden. Es war am 16. Juli
1668. Michael Scharmützel, voll heiligen Eifers, leistet den unglücklichen Kranken
alle mögliche Hilfe; er geht sie häufig besuchen, erteilt ihnen die Sterbesakramente
und besorgt die Beerdigung ihrer Leichname. Aber schon am 25. Juli wird er selbst
vom Pesthauche ergriffen und er bittet seinen Präses, er möge ihm doch den Pater
Dalbor als Beichtvater schicken. Dieser kommt noch am selben Tage in Vianden an,
versieht den Kranken mit den hl. Sterbesakramenten und schliesst dem Sterbenden
am 21. die Augen zu. Nun setzt Pater Dalbor das grosse Liebeswerk seines hin
geschiedenen MItbruders zum Troste der Kranken und Sterbenden fort bis zum 20.
Auqust, wo auch er ein Opfer der Pest ward. Als der Pater Constantius Bongvert, der
von Ulflingen aus nach Vianden geschickt worden war, ihn tot fand, erbat er sich
eiligst einen Mithelfer aus Diekirch. Weil aber dort die Pest ebenfalls ausgebrochen
war, und der Präses nur einen einzigen Priester bei sich hatte, musste diese Bitte
abgeschlagen werden. Von Ulflingen aus schickte man ihm den Pater Johann
Franciscus Henry. Schon einige Tage nach dessen Ankunft starb auch Pater
Constantius an der schrecklichen Plage. Pater Henry unterlag als letztes Opfer am
15. September .
Ueber die Pest zu Diekirch berichtet der um 1845 an der Cholera zu Trelon
verstorbene l'Evêque de Ja Basse-Moulurie:
«Die Pest, welche in dem zweiten Drittel des XVII. Jahrhunderts (1613, 1614, 1668)
so furchtbar im Luxemburgischen wütete, hauste am schlimmsten' in Diekirch, denn
die Einwohnerzahl schmolz auf ein Zwölf tel ihres früheren Bestandes. Der grösste
Teil der Ueberlebenden flüchtete während des Sommers 1668, von Furcht und
Schrecken über diese hohe Sterblichkeitszahl getrieben, in die umliegenden Wälder
und verblieb dort bis zum Monat Dezember, dasselbe geschah auch in den folgenden
Jahren.
Die meisten Flüchtlinge schlugen ihre Zelte in der Seitert und der Hardt auf,
hauptsächlich am Ort genannt «Ast Loch». Der Bruder Fr. Besser, Gärtner des
Klosters, holte aus den verlassenen Häusern die notwendigen Lebensmittel und
verteilte sie unter die Unglücklichen.»
Das Haus, das den ersten Patres zur Verfügung gestellt worden war, genügte wohl
den bescheidenen Ansprüchen der Klosterleute in den ersten Jahren der Gründung;
doch entsprach es gar nicht dem Zwecke und den Plänen der Obern. Man musste
daher auf einen Neubau Bedacht haben. Nach langem Hin- und Herstreiten
entschied man sich für das Gelände vor dem Lütticher Tore, am Fusse des
Schützenberges.
Die Erwerbung des Bodens war mit grossen Schwierigkeiten verbunden, indem
derselbe mehr als siebzig Eigentümern gehörte, die man alle zufrieden stellen
musste. Wenige liessen sich bitten; die meisten traten ihren Anteil für Geld ab,
sodass, ohne die Schenkung, das Grundstück über 1400 Reichsthaler (6453 Goldfr.)
zu stehen kam. Die Mitte des Platzes, Acht genannt, gehörte den Herrn von
Erpeldinqen. Einen Teil schenkten sie den Brüdern, den andern verkauften sie
ihnen. Johann Koob, Bruder des Bürgermeisters, erwarb im Verein mit seiner
Gemahlin Maria Udinger durch Kauf und Umtausch eine Anzahl kleiner Parzellen und
schenkte sie dem Kloster. Auch andere Wohltäter folgten dem guten Beispiele und
dem Drange ihres Herzens und schenkten anstossende Parzellen. Johann Balthasar,
Notar und geschworener Stadtschreiber, hatte an derselben Stelle einen
beträchtlichen Garten, der über hundert Patagonen (1 Pat = 2,97 Goldfr.) wert war.
Schon lange baten ihn die Brüder, er möge ihnen doch dieses Eigentum schenken
oder verkaufen; aber alles war vergebens. Endlich, am 5. April 1670, dem Vorabende
des hl. Osterfestes, rief er den Präses Heinrich Favaige zu sich und führte ihn zum
Garten hin. Hier nahm er dessen Hand und sprach, dieselbe festhaltend:
«Ehrwürdiger Pater, heute habe ich die hl. österliche Kommunion empfangen;
deswegen schenke und trete ich freiwillig und ohne von irgend einem Menschen
dazu bewogen oder überredet worden zu sein, zu Ehren der seligsten Jungfrau
Maria und des hl. Franziskus, Euch und Eurem Orden, diesen meinen Garten, worin
wir jetzt stehen, ab, und ihr möget denselben auf immer besitzen, ihn anbauen oder
darauf Euer Kloster errichten, wie es Euch gut dünkt und erspriesslich ist. Betet für
mich und die Meinigen.» Der Präses, nicht wenig hierüber erfreut, versprach, er und
die auf ihn folgenden Brüder würden seiner und der Seinigen in ihrem Gebete, sowie
beim hl. Messopfer, recht fleissig eingedenk sein. Dieser hochherzige Wohltäter des
Klosters starb im Jahre 1683.
Nun waren alle Vorbereitungen so weit gediehen, dass mit dem Bau des Klosters
begonnen werden konnte. Das geschah im Jahre 1670. Am 16. Juli 1671, dem Feste
des hl. Franziskus von Assisi, Gründer des Ordens, fand die interessante
Grundsteinlegung statt. Die Feierlichkeit war sehr merkwürdig, besonders wegen
der grossen Anzahl und des Charakters der teilnehmenden Personen. Die ganze
Geistlichkeit der Umgegend, an deren Spitze sich der Hochw. Präses Heinrich
Favaiqe befand, wohnte der
Zeremonie bei. Neben dem hochadligen Herrn Goethals. Marquis der Stadt
Diekirch, dessen Gemahlin Maria de Maturana den Grundstein legte, sah man die
Grafen:
Johann Friedrich von Elter,
Johann von Keil und Peter von Wiltz;
Die Barone:
Heinrich von Metternich aus Bourscheidt, von Loen aus Folkendingen und von Horst
aus Berg;
Die Herren:
von Mohr, von Waldt, von Blochausen,
von Weiler zum Turm und Murel von Bettendorf. von Blever, Amtmann zu
Brandenburg. von Gondersdorf und von Halley aus Erpeldingen, von Stein, von
Braun, von Huart, von Hoefnagle aus Schüttburg und andere Edelleute. unter die
sich mit Auszeichnung gemischt hatten die Bürger von Dlekirch: Fr. Melchior Koob,
Bürgermeister und sein Bruder Johann, Syndicus des Klosters, Johann Schram.
Jakob Freylinger, Wilhelm Vannerus, Johann Balthasar und der Stadtrichter
Benedikt von Harne.
Die Errichtung der Gebäude wurde mit einer so grossen Tätigkeit betrieben. dass
schon im Monat November 1613 die Franziskanerpatres (Minoritenbrüder) sich unter
der Leitung Eberherds von Trux, einem Verwandten derer von Stein und von
Breyderbach, definitiv installieren konnten.
Der Haupteingang A für die Klosterbrüder war in der Westfront.
Sie gelangten direkt in den Kreuzgang F. in den Lesesaal J und die gewölbte
Bibliothek H. Gleich beim Eingang lag die Treppe. welche auf die Klosterzellen im
ersten Stockwerk führte. Der Kreuzgang stand in direkter Verbindung mit der
Klosterkirche .
Für die Besucher des Klosters befand sich der Eingang A in der Südfront, zur Seite
des Gemüsegartens. Gleich rechts vom Eingang lag das Vorzimmer (Wartesaal) D,
dahinter das Empfangszimmer E, Links gelangte man in die Küche; an diese schloss
sich der grosse Speisesaal an. Gegen die kalten Nordostwinde, die an dieser Stelle
recht empfindlich werden können, war das Wohngebäude durch die vorgelagerten
Kirche und Wirtschaftsgebäude (N-Scheune. M-Ställe. L-Brauerei) genügend
geschützt.
Die Franziskanermönche waren Mitglieder des vom hl. Franz von Assisi gestifteten
Bettelordens der Minoriten oder Rekollekten. Sie trugen keine Schuhe. sondern nur
Sohlen und Sandalen und gingen Sommer wie Winter ohne Strümpfe, weshalb man
sie auch Barfüßler nannte. Sie waren mit einem langen Rock von grobem.
braunschwarzem Tuche bekleidet: Schultern und kahles Haupt waren gegen Kälte
und Regen geschützt durch einen bis auf die Hände herabwallenden Kragen und
eine Kapuze vom selben Stoffe. Um die Lenden trugen sie einen mit Knoten
versehenen Gürtel, weshalb man sie auch «Knuedler» nannte.
Verzeichnis der Guardiane (Präses) in der Diekircher Niederlassung:
1. Eberhardt von Trux, 1613; ein Verwandter der Edeln von Stein (Bettendorf) und
von Breyderbach (Birtringen).
2. Dionisius Schawart. 1679; in diesem Jahre wurden die Mauern der Klosterkirche
vollendet und 2 Jahre später konnten 2 Glocken angeschafft werden.
3. Bonaventura Gaveroy, 1679;
4. Heinrich Favaige 1682; fungierte schon im Jahre 1668 als
Präses im ersten Hause an der Stadtmauer.
5. Eberhardt de Trux, 1685;
6. Carl Modest. 1687;
7. Heinrich Favaige, 1691 ;
8. Eberhardt de Trux, 1692;
9. Martin Rodenburg, 1696;
10. Anton Kleffer, 1698;
11. Sebastian Biever, Sohn des Amtmannnes von Brandenburg; unter ihm wurde im
Jahre 1701 die Konsekration der Kirche vorgenommen. Erst zwei Jahre später fing
man an, das Offizium im Chore abzusingen. Gleich nach Mitternacht rief das
Glöcklein zur Mette; schon um 4 Uhr ertönte es wieder, um die Klosterleute zum
Absingen der kleinen Tageszeiten zu versammeln. Des Sonntags war dreimal
feierlicher Gottesdienst und zugleich strömte eine Menge Volk von Stadt und Land
herbei, um hier die Sakramente zu empfangen. Daneben gingen die Patres das ganze
Jahr hindurch predigen, nah und fern, wohin sie nur ein Pastor rief.
12. Aegidius, Michael von Schimberg, 1704;
13. Sebastian Biever 1706; in diesem Jahr wurde eine Orgel aufgestellt. die viel zur
Verschönerung des Gottesdienstes beitragen sollte.
14. Oliver Paulus, 1709.
15. Bonaventura Ludwig von Longsdorf, 1112; er liess Garten und Kloster mit einer
Mauer umgeben.
16. Andreas Ries, 1715;
17. Daniel Kuborn, 1716; die Gräfin von Elter gab die Mittel zur Anschaffung einer
Kanzel. Die Medernacher Kirche ist im Besitze dieser Kanzel.
18. Andreas Dumoulin, 1719;
19. Georg Daleiden von Huperdingen, 1722;
20. Theodosus Kuborn aus Martlingen, 1724;
21. Daniel Kuborn aus Martlingen, 1721;
22. Philipp Gartans aus Beßlingen, 1728; er Iiess die Bibliothek erbauen; auch
sorgte er Für Errichtung eines Pferde- und Ochsenstalles dem Kloster gegenüber.
23. Jakob Keuls von Ulflingen, 1731;
24. Philipp Gartans, 1734 ; dieser Iiess mit der Einwilligung der Bürger von Diekirch
einen Brunnen vom Herrenberg ins Kloster leiten. Ludwig u. Michel Reneau, zwei
Brüder aus Deutschland, machten im Juni die ersten Anstalten zu dieser
Wasserleitung, und schon am 23. Oktober desselben Jahres war das Werk vollendet.
Von der Quelle an (in der jetzigen Pferche des Herrn Nie. Simon) bis zum
Mühlenteich, in einer Länge von 1500 Fuß, floss das Wasser durch sorgfältig
eingelegte steinerne Röhren. Auf dem jenseitigen Ufer des Teiches erbaute man ein
kleines Häuschen mit einem Behälter, woraus das Wasser in einem bleiernen Rohr
bis zum Kloster hingeleitet wurde.
27. Richard Weydert von Diekirch, 1743;
29. Franz Doye von Diekirch, 1749;
31. Franz Doye von Diekirch, 1755;
33. Pius Hendel von Luxemburg, 1760; in diesem Jahre wurde die zerfallene Orgel
renoviert.
46. Franz Lukas Mausen aus Reipeldingen, 1796; er war der letzte Guardian und
hatte die traurige der Auflösung des Konventes und der Beschlagnahmung des
Klosters durch die französische Republik beizuwohnen. Er starb am 22. Nov. 1791 an
einem Schlagfluss.
b) Aufhebung des Klosters.
Durch das Gesetz vom 1. September 1796 hob die Französische Republik alle
geistlichen Orden, welche sich nicht mit Unterricht, Armen- und Krankenpflege
beschäftigten, in den neu eroberten Ländern auf. Alles bewegliche und
unbewegliche Gut der Klöster wurde als Staatseigentum erklärt. Bereits am 4.
Oktober erschien der Regierungskommissar J. N. Mohy, Domänenempfänger In
Diekirch, in den Mauern des Klosters, um die Liste der dort wohnenden Klosterleute
Festzustellen. Am g. November musste der Pater Guardian die Beauftragten der
Republik zur Aufnahme des Inventars von Zelle zu Zelle und von Raum zu Raum in
Kirche, Keller und Speicher begleiten, um jedes Stück Möbel vorzuzeigen. Das
Inventar ist unterzeichnet von M. Biver, Commissar des Exekutiv-Ausschusses. I. N,
Mohy, Zeuge und Pater Lucas Mausen, Guardian. Damit nichts verschleppt werden
konnte, bestellte man den Domänenempfänger J. N. Mohy als Siegelwächter des
Nationalgutes und verpflichtete ihn, im Kloster selbst zu wohnen.
Am 11. Dezember wurden die Möbel, kirchlichen Gewänder und Geräte in
Gegenwart der Zeugen J. N. Mohy und Bernard Bastendorf von Dominik Andre,
Goldschmied in Diekirch, abgeschätzt.
Die Patres mussten bald nachher das Kloster verlassen. Zur Entschädigung für ihr
beschlagnahmtes Eigentum wiesen die Republikaner den auf die Strasse gesetzten
Ordensleuten Jahrespensionen an, welche nominell ziemlich bedeutend waren. So
sollte jeder Profeß-Mönch jährlich 15000 Livres, jeder Laienbruder 5000 Livres in
Assignaten als Pension erhalten. Beachtet man aber den niedrigen Wert der
Assignate, so betrugen die Pensionen nur die lächerlich geringe Summe von 3 resp.
1 Louis d'or jährlich. Wenn die Interessenten es wünschten, zahlte die Republik
ihnen statt der jährlichen Pension eine einmalige Entschädigungssumme aus. Von
den 19 Franziskanern des Diekircher Klosters nahmen 16 die Pension an, 2
verweigerten sie und einer erhielt Entschädigung.
Folgende Liste gibt nähere Aufschlüsse:
Bevor die Klosterbrüder Peter Camon und Joh. Faber ihre liebgewonnene
Heimstätte für immer verliessen, beauftragten sie am 9.
Thermidor des Jahres V (21. Juli 1791) durch notariellen Akt den
Domänenempfänger J. N. Mohy, die Bons, welche die Republik ihnen in Ersetzung
der jährlichen Pension zuerkannt und bei dem Kommissar M. Biver hinterlegt hatte,
zu erheben und dieselben zum Ankauf der Nationalgüter (Franziskanerkloster) zu
gebrauchen. Sie gaben ihm ebenfalls die Vollmacht, über die angekauften Güter
nach Belieben zu verfügen, sie tu verkaufen, den Verkaufspreis zu erheben und
Quittung auszustellen. (Amtsstube: N. Dondelinger, Notar). Am 8. Vendérniaire VI.
(29. September 1797), schliesst sich Ignaz Orth in seinem eigenen und im Namen
seiner Mitbrüder Franz Juttel und Gabriel Michaelis, welche ihn dazu beauftragt
haben, obengenannten Ex-Rekollekten an. Das Schriftstück ist unterzeichnet von
Ygnatius Orth, den Zeugen Theodor Walsdorf, T. Lete und dem Notar M. Arendt.
Bei der öffentlichen Versteigerung zu Luxemburg erwarb J. N.
Mohy als Bevollmächtigter des Peter Camon das Diekircher Klostergebäude mit
allen Dependenzien zum Preise von 1300 Livres, welche Summe er in Assignaten
entrichtete. Obschon Peter Camon im Ansteigerungsakt allein als Käufer genannt
wurde, so war dennoch, wie die Vollmachten und spätere Aktenstücke es beweisen,
Johann Faber sein Mitgenosse.
Die Aussichten auf bessere Zeiten werden wohl nicht sehr ermutigend gewesen
sein, denn bereits am 15. Vendemiaire des Jahres VI. (Oktober 1791) traten Peter
Camon und Johann Faber ihr Eigentumsrecht unter gewissen Bedingungen an J. N.
Mohy ab. Diese Bedingungen werden angegeben wie folgt: 1. Johann Faber und
Peter Camon erhalten jeder eine jährliche Rente von 10 Louis d' or, 2. das Kloster
soll in dem nämlichen guten Zustande erhalten werden, 3. das Klostergut kann
nicht verkauft werden bis nach dem Tod der zwei genannten ExRekollekten, 4. Falls
der Orden wieder hergestellt wird, soll das Kloster unentgeltlich zurückerstattet
werden. Diese Bedingungen waren auch für Erben verbindlich gemacht.
Am 17. Ventose XI. (März 1804) verkaufte J. N. Mohy seinem Schwiegersohne Anton
Laeis, Direktor der Glasfabrik zu Holsthum bei Bitburg, das Klostergut mit
Dependenzien für die Summe von 20861,62 Franken, die ersterer der
Domänenverwaltung schuldete und die als Hypothek auf dem Klostergute ruhte.
J. N. Mohy hatte auch alle Möbel und Gerätschaften des Klosters erworben; denn
der Zeitgenosse D. C. München, Pfarrer und Bürgermeister in Diekirch, berichtet wie
folgt: «Das ganze, als Nationalgut verkaufte Kloster, kostete den Ankäufer noch
nicht 40 Karolinen (1 Karoline = 23,18 Goldfr.). Ehe noch ein halbes Jahr vergangen
war, hatte Mohy durch den Verkauf der Turmuhr, einer Glocke, des Braugeschirres
und einiger andern Mobilien über 91 Karolinen eingezogen. Er zieht noch jetzt
jährlich tausend Franken Hauszins ein, wohnt dabei selbst um-sonst, und geniesst
mit Ausschliessung der übrigen Heusbewohner, einen beträchtlichen Teil des
Gartens .
Am 16. Brum. IX. gelang es J. N. Mohy, einen Teil des Klosters an den Staat zu
vermieten, welcher das Bezirksgericht dort einrichtete .
In der früheren Bibliothek wurden die öffentlichen Sitzungen, in dem Lesezimmer
die Beratungen abgehalten; die andern anliegenden Zimmer bestimmte man zu
Schreibstuben für die Gerichtsschreiber und die Staatsanwaltschaft. Der Mietpreis
war auf 300 Franken festgesetzt.
J. N. Mohy und Anton Laeis scheinen ihren Verpflichtungen gegenüber den Ex-
Rekollekten nicht gewissenhaft nachgekommen zu sein, denn am 19. Juli 1811
gaben letztere ihrem Bevollmächtigten .... den Auftrag, einen Prozess gegen J. N.
Mohy anzustrengen; behufs Annullierung des Kaufaktes vom 15. Vendemiaire des
Jahres VI. weil Mohy die Bedingungen des Kaufaktes nicht eingehalten, Möbel aus
der Kirche verkauft und seit 15 Jahren keine Rente mehr ausbezahlt habe. Am
nämlichen Tage setzten sie durch notariellen Akt ihr Testament auf und
bezeichneten die Kirchenfabrik als Erbin ihrer Ansprüche auf die Nationalgüter
(Kloster). Zwei Jahre später, am 8. Januar 1813, bot Anton Laeis das Kloster samt
den darin befindlichen Möbeln der Diekircher Kirchenfabrik an für eine Summe,
welche durch Vertrauensmänner bestimmt werden sollte. Da die Kirchenfabrik aber
zur Abschliessung des Handels keine Neigung zeigte, so veräusserte Laeis
gelegentlich die einzelnen Gegenstände und Möbel. Auf diese Art kamen der
Hochaltar und die Kanzel nach Medernach, die Nebenaltäre nach Merscheid
(Vianden) und Arlon (Kapuzinerklrche), die Beichtstühle nach Eppeldorf und die
Orgel nach Mersch. (Die Chorstühle und das doppelflügelige Portal befinden sich
ebenfalls in Medernach). Am 23. August 1813 bot Anton Laies das Gut öffentlich
zum Verkauf aus. Es erschien aber kein Liebhaber. Als am darauffolgenden 23.
September die definitive Versteigerung stattfinden sollte, wurde dieselbe auf
Ansuchen des Versteiglassers in letzter Stunde zurückgezogen.
Wahrscheinlich halte sich Anton Laies in letzter Stunde mit den Ex-Rekollekten
Johann Faber, Pfarrer in Bech und Peter Camon in Gentingen verständigt. Direktor
Stehres schreibt nämlich in seiner Programmarbeit: «Anton Laeis, Substitut am
Tribunal zu Diekirch, kaufte den zwei Patres Camon und Faber ihre Lebensrente mit
einem Kapital von 4800 Franken ab und setzte sich so in den vollen Besitz des
Klostergutes .»
Etwa zehn Jahre später bot Laeis das ganze Klostergut der Gemeinde Diekirch zum
Verkauf an.
An der Spitze der Verwaltung stand damals ein weitschauender Bürgermeister, der
die Wichtigkeit des Geländes und der Gebäulichkeiten für die Stadt wohl erkannte.
Er wusste den Gemeinderat für den Handel zu gewinnen und die Stadt kam für die
geringe Summe von 11 030 niederländischen Gulden in den Besitz des Klostergutes.
Der Gemeinderat war damals zusammengesetzt wie folgt: HH. Franz Julien
Vannerus, Bürgermeister, Franz Coster und Nikolaus Grasser, Schöffen, Heinrich
Everling und J. P. Thomas Seyler, Beisitzer.
Als auf Betreiben einsichtsvoller und opferfroher Männer im Jahre 1830 die
Diekircher Mittelschule gegründet wurde, stellte die Gemeindeverwaltung der
neuen Anstalt die Säle des Klosters als Klassenzimmer zur Verfügung. Das mit dem
“ Diekircher College“ verbundene Pensionat fand ebenfalls in den Klosterräumen
Unterkunft.
Die Zeichnungen der Seite 207 stammen aus der Hand des früheren Professors
Herrn N. E. Weydert der die Verwendung der Klostergebäude als Mittelschule
studiert und das Ergebnis seines Studiums in vorstehenden Zeichnungen
niedergelegt hatte. Da die Skizzen um die Wende der vierziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts, als noch alle Gebäulichkeiten vorhanden waren, angefertigt wurden,
so dürften wir uns mit ihrer Hilfe eine Vorstellung machen, wie diese Ecke unsers
Städtchens früher aussah und wie schön sie hätte geschaffen werden können, wenn
das Projekt zur Ausführung gelangt wäre.
In das Klostergebäude zogen jetzt die Primärschulen ein, welche dort blieben, bis
es endlich, nach Vollendung der neuen Pfarrkirche im Jahre 1869, als Pfarrhaus
eingerichtet wurde. Beim Bau der neuen Kirche mussten die zwei Querflügel am
Kreuzgang verschwinden, und die Klosterkirche wurde in den Neubau
miteinbezogen.
So ist das Franziskanerkloster, das durch die Republikaner in brutaler Weise den
Intentionen der Gründer entfremdet worden war, nach stetem Wechsel, endlich
seiner Urbestimmung wieder näher gekommen.
c) Kunstgegenstände, Mobiliar und andere Ueberbleibsel des Klosters.
1.
Der Barock-Hochaltar.
Unter dem Präses Oliver Paulus wurde am 15. Juni 1709 im Kloster zu Diekirch der
30 Jahre alte «hervorragende Novize. Paul Courtz (Kurtz) aus Bayern im Beisein des
versammelten Kapitels als Laienbruder des Franziskanerklosters eingekleidet. Aus
einem im Regierungsarchiv aufbewahrten Dokument geht hervor, dass dieser
Bruder Courtz sehr erfahren in der Kunst der Holzschnitzerei war. Er gesellte etliche
Drechsler und Schreiner zu sich und machte mit ihnen während der Zeit seines
Noviziates den Hauptaltar der Klosterkirche, der heute noch der Pfarrkirche von
Medernach zur grössten Zierde gereicht. Vom gewiss zuständigen Kunstfachmann
Mgr. J. P. Kirsch, der Universitätsprofessor
In Freiburg-Schweiz war, wird dieses Kunstwerk als herrlichster Barockaltar in
unserer Diözese bezeichnet. Nicht nur durch die kolossalen Dimensionen des
Drehtabernakels, der Säulen, Architrave und Statuen, sondern auch durch den'
Reichtum und die Eleganz der Ausführung gehört er ohne Zweifel zu dem Schönsten.
was die nachgotische Skulptur in unserer Gegend zu Tage gefördert hat. Da
besonders seit dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts im Süden Bayerns
Barockschöpfungen wie der Choraltar der alten Klosterkirche mit begeisternder
Liebe bevorzugt wurden. mag Südbayern die Heimat des Fraters Paul Courtz
gewesen sein. Jedenfalls hat er zuerst dort in einer bayerischen Holzschnitzschule
von Ruf sein aussergewöhnliches Künstlertalent unter der Leitung erprobter,
führender Meister zur glänzenden Entfaltung gebracht, ehe er diese damals in jenen
Gegenden häufig vorkommende Kunstform in ihrer Vollendung auf den Boden der
Markvogtei Diekirch verpflanzte.
Nicht mit Unrecht könnte daher der von ihm geschaffene Altar als eine Station der
Kunst gelten, wo Künstler sowohl als Laien gelegentlich ein Stündchen Halt machen
sollten, um sich ästhetische Belehrung zu holen.
Erwähnenswert ist, dass zur Verfertigung des Altars beitrugen:
Christoph von Biever, Herr von Brandenburg 40 Rth.; Gregor Glesener, Pastor in
Feulen 47 Rth.; Rieberd Weydert, Stadtrichter (Markvogt) 15 Rth.; Paulus Schreiffer
von Michelau 20 Rth.
1.
Die Kanzel.
Wie der Hauptaltar. so ist auch die Kanzel (heute in der Pfarrkirche zu Medernach)
ein Glanzstück des Barocks. Ein kunstvoller Schalldeckel rundet sich über ihr zum
mächtigen Dache. Zwischen Schalldeckel und eigentlicher Kanzel ist an der Mauer
ein grosses Wappenschild aufgehängt. (Es Ist urkundlich festgelegt, dass der
Diekircher Guardian D. Kuborn (1716) durch seine eifrigen Bemühungen und die
hochherzige Freigebigkeit der Gräfin von Elter, der weltlichen Herrin in Vogelsange,
Tiercelet, Merche, Remich usw. die Kanzel für seine Kirche erlangte und dass das
väterliche Wappen der Edelfrau deutlich sichtbar darin angebracht ist. Auf den
Feldern der Kanzelbrüstung prangen drei scharf wie Bronzegüsse
herausgearbeitete Reliefbrustbilder, deren Rahmen Miniaturpilaster bilden. Unten
läuft der Aufbau der einheitlich geschlossenen Anlage des Predigtstuhls in eine
Riesentraube aus.
1.
Die Chorstühle.
In der Medernacher Pfarrkirche 'befinden sich die ebenfalls erwähnenswerten
Chorstühle. Zwar fallen sie nicht. wie der Hauptaltar. durch wucherndes
Schnitzgeflecht in die Augen; allein auch in ihrer edlen Einfachheit bewähren sie
sich als eine streng stilisierte Kunstschöpfung. Das gesamte Medernacher
Chorgestühl bildete wohl ursprünglich in der Diekircher Franziskanerkirche eine
einzige, fortlaufende Stallenreihe, die aus naheliegenden Gründen erst bei ihrer
Verwendung in Medernach in zwei Hälften zerlegt wurde. In auffallend
unsymmetrischer Weise besitzt nämlich jetzt auf jeder Seite des Chores das
betreffende Täfelwerk oben bloss an einem seiner beiden Enden ein geschnitztes
Eckstück.
1.
Das Barachportal.
Auch das Barockportal der Medernacher Pfarrkirche stammt aus dem Diekircher
Franziskanerkloster. Das Portal ist mit Eichenlaubzweigen, Eicheln, Sonnenblumen,
Eichenlaubgirlande und meisterhaft zum weiten Rund geschlungenen
Planzenranken, kurzum, mit einer Hochreliefschnitzerei von derart kräftiger Technik
und Formvollendeter Klarheit überwoben, dass laut Aeusserung von Kunst- und
Fachkennern, nach dem Portale der Luxemburger Kathedrale, archäologisch eine
schönere Kirchtüre weit und breit nicht aufzufinden ist.
Bemerkenswert ist, dass die Gemeinde Medernach das doppelflügelige Portal, den
Predigtstuhl, die Stallen (Chorstühle) und den Hauptaltar zum Spottpreise von
insgesamt 1100 Franken erwarb.
1.
Die Nebenaltäre und Beichtstühle.
Die Nebenaltäre befinden sich bekanntlich in Merscheid (Vianden) und Arel
(Kapuzinerkirche), die Beichtstühle in Eppeldorf. Auch diese Werke zeugen von
bedeutendem künstlerischen Können und gereichen den genannten Kirchen zu
grosser Zierde.
1.
Das Wappen des Herrn von Biever, Amtmann von Brandenburg.
Ueber der Eingangstür zur Sakristei ist in der neuen Pfarrkirche ein kunstvoll
skulptierter Stein eingelassen. Dieses Hochrelief stammt aus der alten
Klosterkirche und stellt einen aufrechtstehenden Biber oder Biever, das Wappen des
Herrn von Biever, Amtmann von Brandenburg, dar. Als im Jahre 1611 das
Franziskanerkloster erbaut wurde, steuerte dieser Herr von Biever namhafte
Beträge zur Einrichtung und Ausschmückung der Klosterkirche bei und sein Wappen
wurde zur dankbaren Erinnerung in derselben eingesetzt. Der Architekt der neuen
Kirche, der ebenfalls den Namen Biever trug, Iiess nun, als im Jahre 1861 die
Klosterkirche abgebrochen wurde, das Wappen aufheben, und setzte seinen
Namenszug in Gestalt dieses hieroglyphischen Steines in den Neubau ein.
1.
Steinmaske.
Eine interessante. ebenfalls von der Klosterkirche herstammende Steinmaske
wurde kürzlich am Hause des Herrn Jos. Bastendorff (Bamerthal Nr. 114)
wiederaufgefunden. Beim Abbruch der alten «Paterkirche» im Jahre 1867, hob der
Unternehmer J. P. Weber, damaliger Eigentümer dieses Hauses, die Steinmaske auf
und setzte dieselbe in die südliche Giebelmauer seiner Wohnung ein. Das Steinbild
wurde von seinem der Oeffentlichkeit nicht zugänglichen Standort weggenommen
und wird jetzt bis zur Gründung eines Museums aufbewahrt.
Wo die holzgeschnitzten Statuen, die antiken Altarleuchter und das sonstige,
wertvolle Mobiliar der Franziskaner- und auch der alten
St. Laurentiuskirche hingekommen sind, entzieht sich unserer Kenntnis.
Es ist jedenfalls, vom rein geschichtlichen Standpunkt aus gesehen, Beklagenswert,
dass all diese Kunstschöpfungen der Stadt Diekirch verloren gingen, da diese
ohnehin arm an Kunstwerken ist.