Franziskusweg
Unterwegs mit dem Hl. Franziskus
MITE D'ORGANISATION A LA JOIE D'INVITER
TOUS LES PAROISSIENS ET AMIS DE SAINT HENRI
A LA COMMEMORATION
DU CINQUANTIEME ANNIVERSAIRE
DE LA CONSECRATION DE L'EGLISE PAROISSIALE
28 OCTOBRE 1923
ESCH-SUR·ALZETTE
SAMEDI 27 ET DIMANCHE 28 OCTOBRE 1973
Das Wort unseres Bischofs
Kirchen sind Zeichen
Kirchen sind Wegweiser zu Gott. Sie sind Quellen des göttlichen Lebens. Kirchen sind
Stätten menschlicher Begegnung und Gemeinschaft. Sie heben das Diesseits, aufgefüllt
aus Unerlöstheit, Mühe und Sorge, in die jenseitige Dimension und damit in den wahren
Frieden und die echte Freude.
Seit 50 Jahren leistet die Kirche Sankt Heinrich in Esch-Alzette diesen Dienst. Als
Ordenskirche der Franziskaner am 28. Oktober 1923 geweiht, wurde sie am 17. Juli 1929
zur Pfarrkirche der eben gegründeten bischöflichen Pfarrei bestimmt. 30 Jahre später
wurde sie mit dieser dem Weltklerus anvertraut und unter der Leitung eines dynamischen
Pfarrers und seiner aufgeschlossenen Mitarbeiter ganz im Sinne des 11. Vatikanischen
Konzils erneuert.
So hat man aus ihr den würdigen und angepassten Rahmen für das Volk Gottes
geschaffen, für jene Kirche, die "aus lebendigen Steinen erbaut" das allumfassende
Sakrament des Heils darstellt.
Möge die Kirche von Sankt Heinrich noch lange Jahre und möge sie immer mehr zum
wirksamen Strahlungspunkt für das Evangelium Christi werden! Möge Er immer wieder in
ihr gegenwärtig sein, um das grosse Werk der Erlösung voll zu verwirklichen, "die
Heiligung der Menschen und die Verherrlichung Gottes, auf die alles Tun der Kirche als auf
sein Ziel hinstrebt" (Vgl Vat. 11 Lit.-Konst. Nr. 10)1 Dann bliebe sie dem franziskanischen
Geist ihres Ursprungs treu und aus der gleichen Treue heraus stets offen für den Ruf des
Heiligen Geistes, auch dem Menschen von heute wie dem von morgen, wahrhaftige Kirche
Christi zu sein, Raum der Wahrheit und der Liebe, in dem er schon jetzt ein Stück wirklicher
Heimat findet.
Luxemburg, den 10. Oktober 1973
+ Jean Hengen
Bischof von Luxemburg
Zum 50. Jahrestag der Konsekration der St. Heinrich-Kirche in Esch/ Alzette am 28. Oktober
1923.
Aus der Geschichte
des Klosters und der Pfarrei
von Professor Edouard Molitor
So begann es
.
Vom 13.-17. April 1921 wurde in der Kathedrale von Luxemburg eine Mission gepredigt als
Vorbereitung auf das 250 jährige Jubiläum der Weihe der Stadt Luxemburg an die Trösterin
der Betrübten. Die Mission wurde abgehalten von den 3 Franziskanern Paul Wolfersperger,
Vincent Gouth und Raphael Leguil: alle 3 aus der elsässisch-Iothringischen Provinz.
Bischof Nommesch war durch diese Mission so ausserordentlich beeindruckt, dass er die
Franziskaner für die Gründung einer Niederlassung in Luxemburg zu gewinnen suchte. Am
Ende der Mission verkündete er in aller Feierlichkeit: "Die Patres werden wiederkehren, um
immer bei uns zu bleiben." Besonders der begeisterungsfähige und redegewandte P.
Raphael hatte es dem Bischof von Luxemburg angetan. P. Raphael stammte aus Contz im
nahen Lothringen. Die Wurzeln der Familie gingen über die Ländergrenze herüber ins
Luxemburgische, so dass er über Land und Leute in Luxemburg genau Bescheid wusste.
Nach dem Willen des Bischofs sollten die Franziskaner, die bis zur französischen
Revolution so segensreich in Luxemburg, Diekirch und Ulfingen gewirkt hattten, unter der
Arbeiterbevölkerung in Esch eingesetzt werden. Wie einst in früheren Jahrhunderten, so
fanden sich Menschen, die bereit waren, auf ihre Kosten den Franziskanern eine Kirche
und ein Kloster in Esch zu errichten. Es waren dies die Verantwortlichen der Gesellschaft
Terres-Rouges, die Bischof Nommesch und P. Raphael grossmütig entgegenkamen. Wie
immer, wenn ein grosses Werk entstehen soll, fehlte es auch nicht an solchen, die dagegen
Sturm liefen. Jemand meinte sogar, dass "die ganze Geschichte gegen die Arbeiter
gerichtet sei". Bürgermeister Wilhelm betonte allerdings, dass man niemand, der die
Legalität einhalte, hindern könne ein Haus zu bauen, das die Form einer Kirche habe.
Die treibenden Kräfte für die Niederlassung der Franziskaner in Esch waren neben Bischof
Nommesch, P. Raphael, Mgr. Origer und nicht zuletzt der Klerus der Stadt Esch, der zu
dieser Seite der Stadt dringende Hilfe für die Seelsorge brauchte. Treibende Kraft war auch
Direktor Coqueugnot von Terres-Rouges, der alsbald dem Verwaltungsrat der Gesellschaft
unter Vorsitz von Herrn E. Schneider (Creusot) den Plan vorlegen konnte. Der
Verwaltungsrat war damit einverstanden dass die Gesellschaft Kirche und Kloster errichten
und an die Franziskaner vermieten sollte. So kam es zu der ganz eigenen Situation, dass
eine moderne Grossindustrie, die Eisengruben und Hüttenwerke besass, auch noch
Besitzerin einer Kirche und eines Klosters wurde.
Die Grundsteinlegung
Herr Gross, Architekt der Gesellschaft "Terres-Rouges" arbeitete in kurzer Zeit die Pläne
aus. Den bei den Eschern Unternehmern l.efèvre und Ruckert wurden die Bauarbeiten
übertragen. Die Vorarbeiten wurden so schnell vorwärts getrieben, dass bereits am 31. Juli
1922 die Grundsteinlegung erfolgen konnte. Diese erste Feier fand statt
unter grosser Anteilnahme der Escher Bevölkerung. Als Vertreter der Regierung waren
anwesend die Herren Staatsminister Emile Reuter und Generaldirektor Raymond de Waha.
Die Gesellschaft Terres - Rouges war vertreten durch Direktor Coqueugnot, Generaldirektor
Schock und Oberingenieur Erpelding. Mgr. Nommesch, umgeben von Generalvikar Peiffer,
Mgr. Origer, Dechant Bisdorff, Pfarrer Kayser mit dem Escher Klerus, nahm die Einsegnung
vor. In seiner Predigt fand er herzliche Worte an die Adresse der Stadt Esch, der
Gesellschaft Terres - Rouges, der Franziskaner und aller Anwesenden. Die Kirche sollte
dem heiligen Heinrich geweiht werden als Erinnerung an den im Kriege als Flieger
umgekommenen Sohn Henri des Präsidenten E. Schneider. Das war der Anfang einer
Gründung, die über den Wechsel der Zeiten hinaus immer wieder die schönsten Früchte
gezeitigt hat.
Konsekration und Vollendung der Kirche.
Die ersten Franziskaner in Esch
Am 30. August 1923 bezog P. Raphael mit den 3 Brüdern Aloyse, Yves und Julien die
Klosterwohnung in Esch. Einige Tage später folgte P. Matthias Rumbach. Am 14. Oktober
desselben Jahres wurden 2 Glocken konsekriert, die von der Gesellschaft Terres-Rouges
gestiftet worden waren. Als Patinnen fungierten Madame G. Barbomson, Gattin des
Präsidenten der Arbed, Madame Mollard, Gattin des französischen Gesandten in
Luxemburg, daneben noch die Damen Schock und Erpelding. Staatsminister Emile Reuter,
Herr Schneider, Präsident der Gesellschaft Terres-Rouges, die Herren Donnersbach und
Weiss als Vertreter der Beamten und Arbeiter; standen Paten. P. Raphael, der die
Festpredigt hielt, bewies bei dieser Gelegenheit, dass er nicht nur zum gewöhnlichen Volk,
sondern auch zu hohen Herrschaften sprechen konnte. Grossmütig beschenkt wurden die
nahezu 2000 anwesenden Kinder. Am 28. Oktober 1923, genau 14 Tage nach der
Glockenweihe, wurde die Kirche selbst durch Mgr. Nommesch konsekriert. Der
Provinzialkommissar P. Paul, umgeben von den Metzer
8
Franziskanern, feierte die erste hl. Messe in der neu konsekrierten Kirche. Anwesend waren
auch der Prinz von Luxemburg und der Nuntius Mgr. Micara. Die im modernen
romanischen Stil erbaute Kirche machte auf alle den besten Eindruck. Die
Fensterdekoration bezog sich in ihren Themen auf den hl. Heinrich, die
Arbeiterbevölkerung und auf die Franziskaner. Lehrlinge von Terres-Rouges hatten die
Schlosserarbeiten ausgeführt, während die Franziskanerbrüder die Schreinerarbeiten
besorgt hatten. Der aus Rustroff stammende Maler Engel hatte die Entwürfe für die
Kirchenfenster geliefert, die dann von der Firma Linster ausgeführt wurden. Für das
Franziskusjubiläum von 1926-27 liess P. Raphael die Kirche durch den bestbekannten
Kirchenmaler Nicolaus Brücher aus Elvingen mit Szenen aus dem Leben des hl. Franziskus
und des Franziskanerordens dekorieren. Das Volk hatte seine helle Freude an diesen
farbenfrohen, frommen Bildern, Seminarprofessor Leo Lommel schrieb damals in einer
kleinen Monographie über diese Bilder: Die St. Heinrichs Kirche besetzt heute in ihrem
Innern ein Werk, das sie für alle Zukunft zu einer Heimstätte echter religiöser Kunst weihen
wird.",
Gründung der Pfarrei St. Heinrich.
Als im Mai 1927 die Gesellschaft Terres-Rouges mit dem Bau von 350 Arbeiterwohnungen
begann, stellte sich das Problem der Arbeiterseelsorge in akuter Weise. P. Raphael
erreichte zunächst, dass St. Heinrich als Hilfskirche von St. Joseph und zwar mit einem
residierenden Kaplan erklärt wurde. Damit war bereits der Anfang für eine wirkliche Pfarrei
gemacht. Nach längeren und gründlichen Verhandlungen mit den verschiedenen Instanzen
wurde St. Heinrich zu einer Pfarrei Päpstlichen Rechtes erhoben und den Franziskanern
anvertraut. Der erste Kaplan wurde auch der erste Pfarrer. Er hiess P. Raphael Leguil. Am
30. September 1928 führte Bischof Nommesch P. Raphael in St. Heinrich ein. Am 27.
Oktober 1929 wurde das grosse und mächtige Vereinshaus St. Franziskus feierlich
eingeweiht, wobei Kammerpräsiden E. Reuter die Festrede hielt. Im Jahre 1934 erfolgte die
Einweihung des "Foyer Ste Elisabeth", ein Jahr später die Grundsteinlegung des
Hauptturmes. Die Weihe der 4 neuen Glocken für diesen Turm wurde im Jahre 1937
vorgenommen. Erst 1948 konnte die Firma Pels aus Holland, die von P. Damian bestellte
Orgel liefern.
Franziskanische Seelsorge.
In diesen äusseren Rahmen aus Stein spannte P. Raphael nach und nach eine innere
Organisation ein, die damals für eine gedeihliche Seelsorge notwendig war. Schon gleich
nach der Vollendung der Kirche war ein Männer- und Knabenchor ins Leben gerufen
worden. Nach Errichtung der Pfarrei kamen andere Vereine hinzu. Im November 1929
entstand ein katholischer Männerverein. Im Dezember 1929 ein Ouvroir für karitative
Zwecke. I m Januar 1930 wurde eine Scouts-Sektion ins Leben gerufen. Im Juni 1931 sogar
eine eucharistische Männer und Jünglingssektion.
Die Seelsorge war aufgebaut auf eine echt franziskanische Frömmigkeit die auch alles tat,
um den Kindern entgegenzukommen. Ein eucharistischer Kinderkreuzzug wurde
eingeleitet, dem sich zeitweilig P. Willibrord Rumé, einst Professor am Priesterseminar in
Luxemburg, widmete. Alle Feste des hl. Franziskus wurden mit grosser Feierlichkeit
begangen. Besonders hoch in Ehren stand die Andacht zum hl. Antonius von Padua.
Franziskanische Frömmigkeit wurde auch über den Weg des 3. Ordens unter den
Erwachsenen gepflegt. P. Raphael wusste auch um den Wert der Hausbesuche, die er, trotz
seiner aufreibenden Tätigkeit, nie aus dem Auge verlor. Durch diese Besuche lernte er
zahlreiche Escher Familien persönlich kennen. Bei all dieser Arbeit, dieser Begeisterung
wirkten periodisch gemachte Statistiken über den Besuch des Gottesdienstes sehr
ernüchternd. Das aber war noch immer so.
Abschied und Tod von P. Raphael.
Im Jahre 1935 fand in Metz das grosse Kapitel der Franziskaner statt, auf dem ein neuer
Provinzial gewählt werden sollte. Die Wahl fiel auf P. Raphael. Nach einem herzergreifenden
Abschied in St. Heinrich begab sich P. Raphael nach Metz, um seinen schweren und
verantwortungsvollen Posten zu übernehmen. Obschon er durch harte schonungslose
Arbeit seine Gesundheit schwer angeschlagen hatte, begann er bald wieder seine
Missionstätigkeit. Vom 7.-15. März 1936 predigte er unter grossem Zulauf der Bevölkerung
eine Mission in der alten Franziskanerkirche in Ulflingen. Die Begrüssungs- und
Dankesrede des Bürgermeisters nahm er mit ins Archiv der Provinz. Vom 17.- 23. März hielt
er noch Exerzitien für die Oberinnen aus der Kongregation der hl. Elisabeth in Luxemburg.
Schon am Morgen des 26. März erlag er in Metz seinem schweren und hartnäckigen Leiden
im Alter von 59 Jahren.
Die Zeitungen von Metz bis Strasburg waren zu klein, um das Werk des armen
Franziskaners zu schildern. Im "Luxemburger Wort" widmete Mgr. Origer seinem Freund
einen langen tiefempfundenen Nachruf. Im Volke wurde er mit dem Redemptoristen Pater
Zobel verglichen. Dann ging er in die Legende ein. Auf P. Raphael folgte in St. Heinrich P.
Aloyse Leininger und von 1938-1941 P. Andre Dier. Als im März 1941 die Franziskaner aus
Esch vertrieben wurden, war der älteste Vikar aus St. Joseph, Matthias Peters als
Pfarrverwalter für St. Heinrich vorgesehen. Weil jedoch die Pfarrei Päpstlichen Rechtes
war, konnte die Diozese nicht darüber verfügen wie sie wollte. 50 blieb P. Damian Helmke
für die Zeit des Krieges Ersatzpfarrer in St, Heinrich.
Aus der Kriegschronik von St, Heinrich (1940-44).
Am Sonntag vom 5. Mai in der Oktave von Christi Himmelfahrt stehen im Ausrufungsbuch
die Verkündigungen über die Feier des kommenden Pfingstfestes in St. Heinrich. Dieses
Pfingstfest wurde nie in St. Heinrich. gefeiert. Am 10. Mai, am Freitag vor Pfingsten brach
der Krieg mit seinen Schrecken über die Stadt herein, zerstreute die Bevölkerung und
machte dem Pfarrleben auf Monaten ein Ende. Nach einer Unterbrechung von mehr als 2
Monaten setzte allmählich der normale Pfarrbetrieb wieder
ein.
Am 21. Juli, dem 10. Sonntag nach Pfingsten, werden die Verkündigungen im
Ausrufungsbuch wieder fortgesetzt. Es wird hier besonders darauf hingewiesen, dass
wegen der notwendigen Eintragung in die Kirchenregister die Namen der in der
Zwischenzeit Verstorbenen und Getauften angegeben werden sollten. Aus kurzen
Andeutungen an den nachfolgenden Sonntagen geht hervor, dass das Vereinsleben nach
und nach erdrosselt wird. Einstweilen wird die Pfarrei noch von P. Andre Dier weitergeführt.
Am 16. März 1941 setzt jedoch ei ne andere Schrift die Verkündigungen fort. Die
Franziskaner sind kurz vorher verjagt und ausgewiesen worden. Einzig und allein
zurückgeblieben ist der deutsche Pater Damian Helmke. Im Verkündigungsbuch lesen wir,
dass einstweilen die Sonntagspredigt ausfällt, bis wieder geordnete Verhältnisse in die
Pfarrei zurückgekehrt sind. Desgleichen wird mitgeteilt, dass mit Zustimmung des Bischofs
der Pater das Ordenskleid ablegen und die Kleidung des Weltgeistlichen tragen wird. Am
Schlusse der Verkündigungen wird vermerkt, dass das Gesetzt vom 9. Dezember 1940 über
die Kirchensteuer am 1. Juli in Kraft treten wird. Am Sonntag, den 4. Mai teilt P. Damian mit,
dass er vom 11.-18. Mai abwesend sein wird, dass jedoch der Kaplan ihn ersetzen wird.
Dieser wohnt im Kloster und wird an der Pforte die Bestellungen entgegennehmen. Es
handelt sich hier um den späteren Universitätsprofessor Dr. Marcel Reding. Zuerst
Professor an der theologischen Fakultät der Universität Graz in Oesterreich. Zur Zeit
Professor für katholische Weltanschauung an der freien Universität von Berlin-Dahlem.
An diesem Sonntag wird auch mitgeteilt, dass der Pfarrbote nicht mehr erscheinen wird.
Am 22. Juni 1941 wird verkündigt, dass der Stillhaltekommissar einverstanden ist, dass die
Sterbekasse der Jungfrauenkongregation weiterbestehen darf, so dass die eingezahlten
Beiträge nicht verloren sind. Ein Verzeichnis der Mitglieder, die in die Sterbekasse
eingezahlt haben, wird angefordert.
Am 10. August wird den Gläubigen verlesen, dass die Formulare für die Beitragsordnung
d.h. für die Erhebung der Kirchensteuer von denselben Frauen, die früher den Pfarrboten
ausgetragen haben, den Gläubigen zugestellt werden.
In einer Mitteilung vom Sonntag, dem 14. September heisst es, dass die Schwestern das
Kinderheim verlassen haben. Sie dürfen aber durch "freundliches" Entgegenkommen in
der Pfarrei verbleiben und stehen bei Tag und Nacht für die Krankenpflege zur Verfügung.
Sie wohnen jetzt Schillerstrasse Nr. 5, 1. Stockwerk, neben Bäcker Roth. (Aus der Michel
Welterstrasse ist die Schillerstrasse geworden).
Am 14. Dezember 1941 wird die Mitteilung gemacht, dass bei Entwarnen vom Fliegeralarm
nach Mitternacht vor 10 Uhr morgens kein öffentlicher Gottesdienst stattfinden darf. Da der
private Gottesdienst kein öffentlicher Gottesdienst ist, wird die Messe von 7 Uhr als private
Stillmesse gehalten. Die Haupttüre der Kirche bleibt geschlossen, während die Seitentüre
für die Gläubigen geöffnet wird. Der Weihnachtsgottesdienst wird am Vorabend von
Weihnachten um 5 Uhr beginnen.
Aus den Verkündigungen vom 26. April 1942 geht hervor, dass der neue Kaplan Felix Bürr
eingetroffen ist und dass er im Pfarrhaus wohnt. Felix Bürr ist Franziskaner aus der
elsässisch-Iothringischen Provinz. Er wird in seiner Opferbereitschaft und in seiner
bescheidenen Freundlichkeit alle bösen Zeiten in St. Heinrich überleben. Felix Bürr ist der
Nachfolger von Kaplan Marcel Reding, der St. Heinrich wieder verlassen hat, um seine
Studien an der Universität Tübingen fortzusetzen.
Am 18. Oktober 1942 verkündet P. Damian die Anschaffung einer neuen Orgel, die von der
Firma Pels aus Holland geliefert werden soll.
Fast regelmässig kehren an den Sonntagen die Ermahnungen zum Bezahlen der
Kirchensteuern wieder. In manchmal bitteren Worten werden die Eltern aufgefordert, ihre
Kinder regelmässig zum Besuch des Religionsunterrichtes zu schicken.
Ueber die Einführung des Militärdienstes in Luxemburg (für eine Reihe von Jahrgängen)
findet man nur Andeutungen über den Weg der Messintentionen.
Am 17. Januar 1943 aber heisst es, dass wegen der sich häufenden Einberufungen zur
Wehrmacht, wir in Zukunft "mehr für unsere Soldaten beten müssen". Die Gleichsetzung
der Luxemburger Zwangsrekrutierten mit den deutschen Soldaten findet jedoch ein
schlechtes
Echo. In den Verkündigungen vom 14. März 1934 wird darauf hingewiesen, dass bei
nachmitternächtiger Entwarnung von Fliegeralarm auch die Seitentüre geschlossen bleibt.
Am 12. September 1943 wird noch einmal ein scharfer Tadel an die Adresse der Eltern
ausgesprochen wegen des mangelhaften Besuches des Religionsunterrichtes und wegen
der massiven Abwesenheit der Kinder beim Erstbeichtunterricht. Eine enttäuschende
Nachricht erfahren die Gläubigen von St. Heinrich, als P. Damian ihnen am 14. Mai 1943
mitteilt, dass die neue Orgel zwar zu 3/4 fertig ist, dass sie jedoch in absehbarer Zeit nicht
geliefert werden kann. Einmal, weil es dem Orgelbauer Pels aus Alkmaar in Holland am
richtigen Material fehlt, um die Orgel zu vollenden, andererseits meint P. Damian, dass es
wegen der immer näher rückenden Bombengefahr nicht opportun sei, die Orgel jetzt
aufzurichten.' Das bereits gesammelte Geld ist allenfalls sichergestellt.
Am 3. September 1944 werden neue Klagen über den schlechten Besuch der hl. Messe und
des Religionsunterrichtes erhoben. Der Klostergarten ist vor herumstreifenden Marodeuren
nicht mehr sicher. Allenthalben Verfallserscheinungen einer Zeit, die ihrem Ende
entgegengeht.
Am 8. Oktober 1944 verraten neue Schriftzüge im Verkündigungsbuch, dass wieder eine
Wachablösung in St. Heinrich stattgefunden hat. Rosenkranzsonntag wird gefeiert. Pfarrer
M. Weber aus St, Joseph hält die Festpredigt und' verkündet eine neue Aera für die Pfarrei.
Die Franziskaner verlassen St. Heinrich (1959)
I n den Nachkriegsjahren setzten die Luxemburger Franziskaner Patrice Diderich, Justin
Godar und lrenee Wilwert das Werk von Pater Raphael in seinem Geiste fort. Als Opfer
seiner aufreibenden Tätigkeit in St. Heinrich starb in jenen Jahren der noch jugendliche
Pater Marcel Bohnert. Letzter Franziskanerpfarrer von St. Heinrich war P. Irenee Wilwert,
letzte Kapläne P. Cyprien Mainz und Gonzaque Burr, letzter Franziskanerbruder Henri Rock,
der während des Krieges in Frankreich eine Rolle in der Resistenz gespielt hatte. Als Werk
der Franziskaner gilt auch die Kapelle "Jesus Ouvrier" in Raemerich.
Als die Berufe im Franziskanerorden abnahmen, drängte sich eine Konzentration des
Personals auf, das umsomehr, weil auf einmal die erhofften notwendigen Nachwuchskräfte
aus Luxemburg ganz ausfielen. In dieser Notlage beschloss der Franziskanerorden
schweren Herzens, Kloster und Pfarrei St. Heinrich aufzugeben, um sie dem
Diozesanklerus zu überlassen. Still und unauffällig wie sie gekommen, verliessen die
letzten Franziskaner das so liebgewonnene Kloster und die Escher Bevölkerung, die alle,
die dort im Einsatz waren, bis zu ihrem Tode nicht mehr vergessen sollten.
Die Zusammenarbeit mit dem Escher Pfarrklerus war allzeit vorzüglich gewesen. Von
diesem Willen zur Zusammenarbeit auch auf der Seite des Pfarrklerus gibt Zeugnis ein
Brief, den der neuernannte Pfarrer von Esch St. Joseph, Dr. Nikolaus Weirich an Pater'
Raphael schrieb. Dort heisst es: "Ich habe nur den einen Wunsch mit Ihnen und zu gleicher
Zeit mit H. Engler in der vollsten Harmonie zusammen zu arbeiten. Wenn es meinem Willen
gemäss gehen wird, so werden wir treu und fest zusammenstehen und Esch leiten wie
wenn es nur eine Pfarrei wäre.
Kapelle "Jesus-Ouvrier" in Raemerich. Eingeweiht am 1.5.53 mit Mgr. Leon Lommel. Pläne: Willy
WeigeI.
Ausführung: Die Einwohner von Raemerich mit Pfarrer Irenee Wilwert.
Sie sind der Aelteste von uns und bereits in Esch eingelebt; wir können also nur von Ihnen
lernen und von Ihren Erfahrungen profitieren. Ich werde in Esch nicht jeden Strohhalm
sehen und stolpern, auch vielleicht nicht einmal über eine Schiene, wenn sie im Wege liegt.
Ich hoffe, dass wir drei Pfarrer uns jeden Monat gemeinsam aussprechen und gemeinsame
Richtlinien festlegen werden. Man soll von Anfang an in Esch wissen, dass wir nur ein Herz
und ein Wille sind und dass die gesammte Geistlichkeit nur ein Ziel verfolgt, die grösste
Ehre Gottes.
Ich will Ihnen ein guter Nachbar sein und wenn vielleicht gegenseitige Interessen in
Konflikt kommen sollen, so wollen wir uns als gereifte und verständige Menschen und
besonders als Priester aussprechen und dann findet sich immer eine Lösung."
Aus diesem Schreiben geht klar und deutlich der Wille zu einer "pastorale d'ensemble" auf
dem Plan der Stadt Esch hervor. Es spricht aber auch aus ihm ein Führungstalent, das bald
in Esch zur Geltung kommen wird, um auf eigenwillige Art und Weise, und doch in
Zusammenarbeit kühne Pläne zu realisieren.
Die Pfarrei wird vom Diozesanklerus übernommen. (1959)
Im Jahre 1959 wird die Pfarrei St. Heinrich vom Diözesanklerus übernommen und Herr
Eugène Kellner, langjähriger Vikar in Esch St. Joseph, zieht als neuer Pfarrer in St, Heinrich
ein. Seit 12 Jahren ist ihm als hingebender Mitarbeiter Herr Paul Metz zugeteilt. Nach
langwierigen Verhandlungen gelang es im Jahr 1962 durch die kluge und tatkräftige
Unterstützung des Stadtschöffen Jean Kinsch, die Besitzfrage des Gebäudekomplexes
definitif zu regeln. Damit das Werk der Franziskaner nicht verfallen sollte, nahm Pfarrer
Kellner sofort die Renovierungsarbeiten mit grösster Energie in Angriff.
Schon im Februar 1962 begannen die Renovierungsarbeiten im Kloster durch die Escher
Stadtverwaltung. Im November 1964 wurde die Restaurierung der Kirche in Angriff
genommen. Aus der einstigen etwas farbigen Klosterkirche wurde ein grosser hell- und
weisstrahlender Raum, angepasst den Anforderungen einer neuen konziliaren Liturgie.
Ueber dem monumentalen Altarblock schwebt seit 1968 das eindrucksvolle Altarkreuz von
Pr. Elmar Hillebrand. Als Bischof Leo Lommel am 18. Mai 1969 die Konsekration des neuen
Altars vornahm, war es ihm gegönnt, nach der kirchlichen Feier in den renovierten
einstigen Klostergebäuden an der Einweihung des neuen Pfarrzentrums "Porte Ouverte -
Rencontre" teilzunehmen. Eine dynamische, den neuen Verhältnissen angepasste
Seelsorge führt die Arbeit der unvergesslichen Franziskaner weiter, mit denen Pfarrer
Kellner immer im besten Einvernehmen blieb. Unter dem Titel "Familgeband" erscheint alle
14 Tage das Pfarrblatt in 2000 Exemplaren . Viel wird auch in dieser Pfarrei getan für die
religiöse Erwachsenenbildung, hauptsächlich mit Hilfe der Strassburger Redemptoristen.
Pädagogische Abende über Kindererziehung und Ferienaufenthalte in den Bergen, sorgen
für Geist und Leib der Kinder aus der Pfarrei St, Heinrich.
Madonna in St. Heinrich (um 1520)
Fünfzig Jahre sind seit dem Einzug der ersten Franziskaner in Esch verflossen und 45
Jahre seit der Gründung der Pfarrei St, Heinrich. Die Franziskaner kamen und gingen
wieder, sowie es das Los pilgernder Mönche auf Erden ist. Ihre Arbeit aber lebt weiter in
den Menschen. denen sie zeitweilig alles waren, lebt weiter auch in dem Werk das sie
geschaffen, das heute vom Weltklerus mit einer Schar tapferer und hingebender Laien
fortgesetzt wird.
Wenn ein Jubiläum ein Fest der Erinnerung ist, so möge es auch ein Fest der Dankbarkeit
sein gegenüber all denen die vor 50 Jahren mit diesem Werk begonnen und die Kraft,
Gesundheit und Leben mithineingebaut haben.
Bronzekreuz von Elmar Hillebrand
BIBLIOGRAPHIE.
1) P. Benadin Bender G.F.M., Pater Raphael Leguil, Alsatia 1938 25
2)Les Franciscains d'Esch, l'Eglise St. Henri et le Couvent des Franciscains à Esch/ Alzette,
Imprimerie St. Paul, Luxembourg
3)M. Weber, St. Heinrichskirche und Franziskanerkloster, Livre du Cinquantenaire de la Ville
d'Esch/Alzette 1956
4)Kurzgefasster Sitzungsbericht über die Stadtratssitzung vom 21.
Juli 1922
5)Dr. Leo Lommel, Die Wandmalereien der Franziskanerkirche in Esch/ Alzette,
Luxemburger Wort
6)Archives de la Maison Provinciale des Franciscains a Metz
7)Archives de la Paroisse St. Henri à Esch.
50 JAHRE ST. HEINRICH, ESCH/ALZETTE
Rückblende der Franziskaner-Nachfolger
Nicht die Zahl der Jahre ist entscheidend bei der Bewertung einer Zeitspanne, sondern der
Geist, welcher diese Jahre geprägt hat. Der Grundstein zum Gebäudekomplex von St.
Heinrich wurde zum geistigen Träger der bewährten franziskanischen Deutung des
Evangeliums. Franz von Assisi, der bedürfnis- und anspruchslose Troubadour aus Umbrien
hielt seinen Einzug in die Minettsmetropole, in die Stadt der Gegensätze und
Konfrontationen. In die eingefahrenen Gleise der herkömmlichen Pfarrseelsorge sollte der
freie und unkonventionelle Wind von Assisi, wehen. Etwas "Neues" und doch nur etwas
"Selbstverständliches" für den, der die Bergpredigt zur Richtschnur seines Christseins
nimmt. Die braunen Kutten und die nackten Füsse, welche anfangs Sensation im Stadtbild
machten, waren das äussere Zeichen für dieses "Neue". Im 12. Jahrhundert war es die
Kleidung der armen, ungebildeten und rechtlosen Landarbeiter mit denen Franz sich
identifizierte. In unserer Zeit aber eine anschauliche Mahnung das "Wesentliche" im
Christsein nicht von billigem Rankenwerk überwuchern zu lassen.
Heute, 50 Jahre danach, soll unser Rückblick von Anerkennung, Dankbarkeit und Freude
getragen sein.
Anerkennung ...
Mit der Errichtung des Gebäudekomplexes St. Heinrich wurde eine Initiative ergriffen, die
damals nicht selbstverständlich war.
Es gab nicht nur Beifall bei der Gründung. Aber die einfache und anspruchslose
Kontaktnahme der Pioniere mit der Bevölkerung entwaffnete mit den Jahren auch die
verbissensten Gegner. Gewiss, die Kirche wurde von der Hüttengesellschaft "Terres
Rouges" erbaut, aber Kloster, Kirchturm und Franziskusheim samt Inneneinrichtung
wurden von unzähligen kleinen Spenden, die mühsam zusammengerafft wurden, errichtet.
Tombolas, Theaterabende, Bazare, Verkauf von Gemüse aus dem Klostergarten usw.
wurden organisiert, um die erforderlichen Mittel aufzubringen. Wahrhaftig, ein Werk des
Volkes und der mit ihm verbundenen Franziskussöhne.
Dankbarkeit ...
Der Gebäudekomplex St. Heinrich stand von Anfang an im Dienste der Seelsorge.
Unermüdlich waren Pater Raphael Lequil und seine Mitbrüder unterwegs, um in
Volksmissionen, Exerzitien und Einkehrtagen die Frohe Botschaft im Geiste des hl.
Franziskus zu verkünden. Einfach anspruchslos und leutselig eroberten die braunen
Kuttenträger das Vertrauen von Menschen aus nah und fern. Wieviele Menschen in Not
Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung mit neuem Mut und Vertrauen die diskrete
Klosterpforte verliessen, ist nirgends niedergeschrieben. In Dankbarkeit wollen wir daran
zurückdenken.
Freude ...
Ja wir freuen uns aufrichtig an diesem Jubiläumstag über unsere kurze aber inhaltreiche
geschichtliche Vergangenheit. Allerdings, nicht reich im Sinne von sensationnellen
Geschehnissen, sondern durch den Geist des Poverello von Assisi, der sie getragen und
geprägt hat. Das geistige Fundament das 1923 gelegt wurde, ist tief verankert im Leben
und in der Erwartung der Pfarrangehörigen von St. Heinrich. Deshalb wird die ganze Pfarrei
sich freuen, die noch lebenden früheren Seelsorger am 28. Oktober in ihrer Mitte
begrüssen zu können und der bereits heimgegangenen in Dankbarkeit gedenken.
"Was du von den Vätern ererbt, erwirb es, um es zu besitzen". Wir wollen jedoch nicht bei
der Gründung stehenbleiben. Das wäre Verrat. Leben, das nicht wächst, verkümmert. Eine
christliche Gemeinschaft ist lebendig oder sie ist nicht. Weder starres Beharren auf dem
Ueberlieferten noch ängstliches Sorgen um die Vergangenheit entsprechen den Absichten
der Gründer. Der Rückblick darf den Ausblick nicht hindern, Im Gegenteil, aus der
Vergangenheit wollen wir lernen, der Zukunft zu begegnen. Und diese Zukunft heisst ganz
einfach "Mensch". Ob jung oder alt, ob gläubig oder ungläubig, ob gebildet oder
ungebildet, ob arm oder reich, der einzelne Mensch, als einmaliges Ebenbild Gottes auf der
Suche nach seinem Urbild, muss Ausgang und Ziel des Suchens, Schaffens und Betens
unserer christlichen Gemeinschaft sein.
Möge die aktiv-lebendige Erinnerung an die franziskanische Gründerzeit immer in St.
Heinrich erhalten und gepflegt werden!
Denn nur am Geiste von Assisi können Kirche und Welt gesunden.
Eug. Kellner Paul Metz
Comité d'Organisation
Esch sur Alzette